Im Reallabor “Smart East” wird ein ganzes Stadtquartier im Karlsruhe Osten in ein smartes Quartier mit klimaschonender Energieversorgung transformiert. Das Projekt zeigt, wie sich die Energiewende in die Stadt bringen lässt!
Diese Vision von Smart East wird mithilfe von vier Aktionsfeldern realisiert, in denen zentrale Ziele definiert werden. Das sind die Aktionsfelder Klimaschutz, Digitalisierung, Geschäftsmodelle und Partizipation. Diese werden gesamtheitlich fokussiert und transparent gemacht. Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen einen kurzen Einblick in die vier Aktionsfelder des Reallabors gewähren und zeigen, wie das Vorhaben entstanden ist und welche Ziele verfolgt werden. Einen ausführlichen Text lesen Sie im Transforming Cities Magazin, den Sie hier finden: fachmagazin-transforming-cities
Ein starker Verbund für Smart East
Anfang 2019 entstand in einem Verbund aus Forschung, IT- und Energie-Unternehmen die Idee, die Kompetenzen der TechnologieRegion Karlsruhe zu bündeln und in Karlsruhe zu zeigen, wie sich die Energiewende in die Stadt bringen lässt. Was sind die tatsächlichen Potenziale einer klimaschonenden Energieversorgung mit erneuerbaren Energien in der Stadt?
Die Mission des Reallabor-Projekts: wir probieren es aus und transformieren das Stadtquartier an der Haid-und-Neu-Straße in Karlsruhe Ost in ein smartes, energieoptimiertes, klimaschonendes Quartier. Dazu werden die Bestandsgebäude rund um die Technologiefabrik und das Hoepfner Areal mit Smart Metern digitalisiert und in einem Quartiers-Energiemanagement vernetzt. Die Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Verkehr (Ladestrom) werden untereinander gekoppelt, um die Flexibilität der Energienutzung zu erhöhen. Neue digitale Geschäftsmodelle zur energetischen Kooperation werden entwickelt, erprobt und anschließend wirtschaftlich bewertet, um herauszufinden, wie man mit der Energiewende Geld verdienen kann. Alle ermittelten Energiedaten des Quartiers werden über das „Smart East Portal“ transparent gemacht. Die verschiedenen Lösungen werden gemeinsam mit allen beteiligten Liegenschaften praktisch erprobt.
Den Kommunen ein Beispiel geben
Smart East ist deswegen so wertvoll, weil es bisher kaum smarte Quartiersprojekte mit Bestandsgebäuden gibt. In Smart East haben wir die einzigartige Chance, dass mit Eigentümern, Immobilien- und Anlagenbetreibern, Mietern und dem lokalen Energieversorger alle betroffenen Stakeholder an Bord sind. Dadurch können neue Konzepte zur Quartiersversorgung und dazu passende Geschäftsmodelle auch in der Realität erprobt werden. Von diesen Erfahrungen werden andere Kommunen profitieren. Deswegen ist Smart East eine wertvolle Blaupause für andere Kommunen, die ihre Bestandsquartiere energieoptimieren möchten.
Vier Aktionsfelder für Smart East
Um die Mission von Smart East zu realisieren wurden vier Aktionsfelder definiert: Klimaschutz, Digitalisierung, Geschäftsmodelle und Partizipation.
Aktionsfeld 1: Klimaschutz
Das erste Ziel im Aktionsfeld Klimaschutz ist das Erreichen einer dezentralen Energieversorgung mit Sektorkopplung:
Das Aktionsfeld widmet sich der Ermittlung der Dekarbonisierungspotenziale durch den Aufbau einer dezentralen erneuerbaren Energieversorgung, deren Chance sich aufgrund der räumlichen Nähe der Liegenschaften zueinander ergibt. Smart East wird in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten zur Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte, Gas und Mobilität im Quartier erschließen und das reale Potenzial dieser Maßnahme für den Klimaschutz ermitteln. Ziel ist es, möglichst viel Strom vor Ort aus erneuerbaren Energien zu gewinnen und intelligent im Quartier zu nutzen. Zusammen mit der umweltfreundlichen Fernwärme der Stadtwerke Karlsruhe und den vorhandenen Blockheizwerken soll die Klimabilanz des Quartiers optimiert werden. Das Quartiers- Energiemanagement ermöglicht die intelligente Integration von Kühl- und Wärmelasten sowie geeigneten Quartiersspeichern. Damit kann der vor Ort erzeugte Strom im Quartier verbraucht, gespeichert, in Wärme bzw. Kälte umgewandelt oder zum Laden von Elektroautos verwendet werden. In diesem Zusammenhang wird außerdem die Nutzbarkeit, der sich durch die Sektorkopplung ergebenden Flexibilität zur Stabilisierung des öffentlichen Stromnetzes untersucht.
Im Aktionsfeld Klimaschutz werden außerdem Synergieeffekte durch Energiemanagement im Quartier untersucht:
Zur Optimierung des Energiesystems in diesem Reallabor werden neue Verfahren der Energieinformatik angewandt, praxistauglich gemacht, im Betrieb getestet und weiterentwickelt. Die rund um das FZI House of Living Labs des FZI Forschungszentrum Informatik und die Hoepfner-Brauerei in der Karlsruher Oststadt liegenden Gebäude, werden zu einem energieoptimierten Quartier vernetzt. Dazu wird, basierend auf dem existierenden modularen Framework von Seven2one, ein Quartiersenergiemanagement aufgebaut, welches die Optimierungsmodelle der Forschungspartner integriert. Die sektorgekoppelte Optimierung von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch wird dabei durch die Vernetzung der lokalen Gebäude-Energiesysteme auf der übergeordneten Quartiersebene erreicht. Die gemischten Nutzungsarten Büro, Labor, Produktion, Gewerbe und Wohnen ermöglichen dabei neue Optimierungsspielräume zur dezentralen Abstimmung von Verbrauch und regenerativer Erzeugung. Damit wird gezeigt, wie sich ein bestehender Gebäudebestand technisch aufrüsten und im Verbund zu einer intelligenten Energiezelle verknüpfen lässt. Dabei werden Synergieeffekte untersucht, die durch die heterogene Anlagenzusammensetzung mit unterschiedlichen Nutzungsprofilen und dem Austausch von Stromüberschüssen unter den vernetzten Gebäuden in Echtzeit entstehen.
Aktionsfeld 2: Digitalisierung
Das Aktionsfeld Digitalisierung soll sein Ziel durch Retrofitting erreichen:
Das Reallabor zeigt, wie ein städtisches Quartier digitalisiert werden kann – die Grundvoraussetzung für ein integriertes Energiemanagement und Sektorkopplung. Durch ein Retrofitting-Konzept zur Nachrüstung und Modernisierung der Messinfrastruktur werden die Gebäude und Bestandsanlagen mit digitaler Mess- und Steuerungstechnik ausgestattet, allen voran intelligente Messsysteme. Diese werden in Verbindung mit den Smart-Meter-Gateways zur zentralen Kommunikationseinheit, die für die Realisierung des Datenaustauschs mit dem Quartiers-Energiemanagement nötig ist. Der Fokus beim Retrofitting liegt auf der Verwendung standardisierter Schnittstellen zur Messdatenerfassung, Kommunikation und Steuerung, um eine möglichst kostengünstige Nachrüstung zu ermöglichen.
Des Weiteren verfolgt das Aktionsfeld die Optimierung und Dokumentation der gewonnen Energiedaten mithilfe einer Quartiersplattform:
Ein weiterer Aspekt der Digitalisierung von Smart East ist der Aufbau der Quartiersplattform. Die Plattform dient der Optimierung des Energieaustauschs innerhalb des Quartiers, der Speicherbewirtschaftung und des Lademanagements für die Elektrofahrzeuge. Hier werden alle benötigten Daten aus dem Quartier gebündelt und dokumentiert. Gleichzeitig ermöglicht ein Portal die transparente Visualisierung der Informationen und Ergebnisse. Dieser Zugang steht allen Partnern zur Verfügung, eingeschränkt aber auch anderen Interessierten aus Forschungseinrichtungen und der Energiebranche. So wird es der Fachwelt und anderen Kommunen möglich, an den Erkenntnissen, der Vorgehensweise und der entwickelten Lösungen zur Umsetzung neuer Geschäftsmodelle teilzuhaben.
Aktionsfeld 3: Geschäftsmodelle
Mit der Erprobung vielfältiger Geschäftsmodelle verfolgt dieses Aktionsfeld das Ziel des optimierten Energiemanagements im Quartier:
Ein zentrales Element des Reallabors ist die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle für lokale Energiegemeinschaften im Quartier. Neue Geschäftsmodelle zum dezentralen Energiemanagement in Quartieren werden entwickelt und im Reallabor untersucht. Beispiele für Geschäftsmodelle sind Energie-Contracting, neue Anwendungsfälle für Smart Meter wie Sub-Metering und Mieterstrom, Dienstleistungen rund um Energiegemeinschaften sowie die Errichtung und der Betrieb von Quartiersspeichern oder Ladeinfrastruktur im Quartier inkl. einem integrierten Energiemanagement. Im Blickfeld sind außerdem zeitvariable Tarife, das Pooling und die netzdienliche Vermarktung von Flexibilität bei Stromverbrauch und -erzeugung. Stromüberschüsse können lokal zwischen den Akteuren im Quartier ausgetauscht und Lastverschiebungen bei der Nachfrage nach Strom, Wärme, Kälte, Gas, Lüftung und Elektromobilität berücksichtigt werden. Möglich ist die Vermarktung von aggregierter Flexibilität am Regelleistungsmarkt oder am (EPEX) Intraday-Strommarkt zur Glattstellung der Bilanzkreise. Hierzu sollen Möglichkeiten zur Bildung einer Energiegemeinschaft und damit zusammenhängende Auswirkungen auf anfallende Umlagen und Entgelte untersucht und praxisnah aufgezeigt werden.
Das Aktionsfeld Geschäftsmodelle setzt Rahmenbedingungen mit Regulatorik:
Soweit diese Geschäftsmodelle regulatorisch umsetzbar sind, werden sie in Smart East in Realität erprobt. Es wird gezeigt, ob und wie mit ihnen unter den aktuellen energiepolitischen Rahmenbedingungen Geld verdient bzw. gespart werden kann. Allerdings können regulatorische Einschränkungen dazu führen, dass nicht alle identifizierten Bausteine eines Geschäftsmodells konform zu den bestehenden Rahmenbedingungen umsetzbar sind. Im letzteren Fall soll der Mehrwert der nicht-umsetzbaren Aspekte auf der Ebene von Bilanzrechnungen aufgezeigt werden. Dabei sollen auch Handlungsanleitungen entwickelt werden, die Ausgestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Regulatorik zur Etablierung neuer Geschäftsmodelle aufzeigen.
Aktionsfeld 4: Partizipation
Mit dem Aktionsfeld Partizipation wird die öffentlichkeitswirksame Demonstration verfolgt:
In dem Reallabor werden alle wesentlichen Stakeholder des Quartiers einbezogen: Eigentümer, Mieter, Anlagenbetreiber und Energieversorger. Durch die intensive Kommunikation mit den unterschiedlichen Stakeholdern im Quartier und den konsequenten Auftritt in der Öffentlichkeit sollen die Ergebnisse aus Smart East allen Beteiligten und Interessierten transparent und nachvollziehbar gemacht werden.
Zudem werden Anwenderkreistreffen für Stakeholder im Quartiersumfeld geplant:
Im Rahmen von Smart East wird ein Anwenderkreis etabliert, der zusammen mit der neu geschaffenen Kompetenzstelle Smarte Quartiere der Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg e.V. organisiert wird. Im Rahmen mehrerer Treffen und Workshops können potenziell interessierte Stakeholder wie Kommunen, Wohnungswirtschaft, Immobilienentwickler, Gewerbeparkbetreiber oder öffentliche Liegenschaftsbetreiber das Projekt von Anfang an begleiten, erste Erkenntnisse selbst nutzen oder ihre Fragestellungen in das Projekt hineinbringen.
Die Vision von Smart East verfolgen
Mit diesen Aktionsfeldern sollen CO2-Emissionen reduziert, das Energiesystem digitalisiert und neue Geschäftsmodelle erproben werden. Und: alle interessierten Parteien werden über den Smart East-Anwenderkreis an den Erfahrungen teilhaben. Das Erreichen der Ziele in den vier Aktionsfeldern wird somit eine Lösung für Energiewende und Klimaschutz in Bestandsquartieren aufzeigen.
In den kommenden Monaten werden weitere Blogbeiträge veröffentlicht, die einen Einblick in den aktuellen Stand der jeweiligen Aktionsfelder gewähren und das Fortschreiten des Reallabors Smart East, auf dem Weg in ein smartes Quartier mit klimaschonender Energieversorgung, transparent machen.