WeForming-Treffen in Viseu: Europas digitale Energiewende nimmt Fahrt auf

27. Juni 2025
Der Palácio de Gelo hat neben einer Shopping Mall auch einen Supermarkt, Fitnessstudios, eine Eisbahn und ein Schwimmbad. Er wurde 2007 eröffnet (Foto: Johannes Galenzowski)

Schaffung eines Marktplatzes für Energiewende-Dienstleistungen

Das Weforming-Team traf sich Ende Juni 2025 in Viseu in Portugal.

Der portugiesische WeForming-Demonstrator: Palácio de Gelo

Der Palácio de Gelo hat neben einer Shopping Mall mit 175.000 m2 und 164 Geschäften auf 7 Ebenen auch einen Supermarkt mit 11.500 m2, Fitnessstudios, eine ganzjährig geöffnete Eisbahn und ein olympisches Schwimmbecken. Er wurde nach einer Generalsanierung 2007 wiedereröffnet.

Die Shopping Mall denkt wie ein Kraftwerk und soll im Projekt in einen Smart Energy Hub verwandelt werden. Das Einkaufszentrum hat einen Spitzenbedarf von 𝟱.𝟱 𝗠𝗪. Durch die Anbindung seines Blockheizkraftwerks, seiner Gasgeneratoren, seines 42 m2-Eisspeichers, seiner intelligenten EV-Ladestationen und seines Energiemanagementsystems an die WeForming-Plattform wird das Gebäude

  • die Energiekosten drastisch senken durch 𝗔𝗜 𝗱𝗿𝗶𝘃𝗲𝗻 𝗳𝗼𝗿𝗲𝗰𝗮𝘀𝘁𝗶𝗻𝗴, 𝗮𝗻𝗼𝗺𝗮𝗹𝘆 𝗱𝗲𝘁𝗲𝗰𝘁𝗶𝗼𝗻 & 𝘃𝗶𝗿𝘁𝘂𝗮𝗹 𝗱𝗶𝘀𝗮𝗴𝗴𝗿𝗲𝗴𝗮𝘁𝗶𝗼𝗻
  • das Verschiebepotential von nächtlichen Kühllasten und die Fahrweise der Wärmespeicher netzdienlich nutzen können
  • die Überschusskapazitäten als 𝗙𝗹𝗲𝘅𝗶𝗯𝗶𝗹𝗶𝘁𝘆 𝗦𝗲𝗿𝘃𝗶𝗰𝗲 𝗣𝗿𝗼𝘃𝗶𝗱𝗲𝗿 in lokalen Märkten anbieten.

Die Anbindung des Palácio do Gelo an die WeForming-Plattform zeigt, dass Einkaufszentren aktive Versorgungsknotenpunkte sein können, die gleichzeitig die Netzstabilität und die Gewinne steigern. Außerdem werden der Komfort für die Besucher gesteigert und die CO₂-Emissionen reduziert.

Das portugiesische Team plant als nächste Schritte

  • die Integration des 𝗖𝗘𝗠𝗣 Edge-Controllers und des Open Data Space Connectors
  • das Training der AI/ML-Modelle mit Echtzeit-Submeter-Daten
  • Tests mit DSOs/TSOs, um die nahtlose Teilnahme am Ausgleichsmarkt zu beweisen

Das WeForming-Projekttreffen

Auf dem dreitägigen Projekttreffen ging es darum, konkrete Lösungen zur Beschleunigung der Energiewende europaweit voranzubringen. Das europäische Projekt WeForming unterstützt diesen Prozess, indem es die technische und digitale Vernetzung in Europa stärkt. Ziel ist es, innovative Softwarelösungen und Algorithmen für regenerative Energien und intelligente Gebäude europaweit zugänglich zu machen, um die CO₂-Neutralität zu fördern und die Marktintegration zu erleichtern. Herzstück des Projekts ist die Schaffung eines sicheren digitalen Raums, der Anbietern und Interessierten die einfache und automatisierte Vermittlung von Angeboten ermöglicht – ähnlich einem digitalen Marktplatz.

In den Arbeitspaketen der Projektpartner wurde dieses Konzept konkret ausgearbeitet: Lokale Unternehmen wie Stadtwerke oder Quartiersbetreiber übernehmen die Authentifizierung und sorgen so für einen sicheren Zugang zur Plattform. Endkunden benötigen nur einfache Login-Daten, um die vielfältigen Dienstleistungen zu nutzen. Diese reichen von Anfragen wie

  • „Erstelle mir einen Energieausweis für mein Gebäude“ oder
  • „Sage mir vorher, was meine Photovoltaikanlage morgen produzieren wird“ bis hin zu
  • „Ich habe ein Elektroauto zehn Stunden ungenutzt in der Garage stehen und stelle es zur Verfügung, um Versorgungslücken auszugleichen, wenn ich dafür angemessen bezahlt werde“.

Angesichts der großen Zahl an Angeboten hilft der Einsatz künstlicher Intelligenz (Large Language Model), die passenden Optionen automatisch zu erkennen und gezielt mit der Nachfrage zusammenzubringen. Damit auch Maschinen die Daten automatisch verarbeiten können, werden im Projekt gemeinsame Standards entwickelt. Hierfür setzt WeForming auf etablierte europäische Standards wie SAREF, SAREF4ENER und das IDS Information Model. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, die Vielzahl der bestehenden Formate, in denen Unternehmen aktuell ihre Daten speichern, verarbeiten und austauschen, in einem solchen Datenraum sinnvoll zu integrieren.

Die Diversität der im Projekt bereits in der Umsetzung befindlichen Demonstratoren reicht vom thermischen Speicher in einer alten Mine über bidirektionales Laden von Elektroautos bis hin zur Optimierung einer durch Feriengäste geprägten Insel und der Integration der Energiesysteme in der zweitgrößten Shoppingmall Portugals. Diese Vielfalt stellt sicher, dass die entwickelten Lösungen breitflächig und flexibel anwendbar sind. Zudem ist Wissen aus einer Vielzahl von Ländern und verschiedenen Firmen, Forschungsinstituten und Geschäftsfeldern in die Arbeiten eingeflossen.

Die Verantwortlichen für diese Demonstratoren konnten im Projekttreffen eindrucksvoll zeigen, welche Softwarelösungen bereits entwickelt wurden. Zusätzlich wurden übergeordnete technische Lösungen vorgestellt, die es Nutzern über eine einfach zu bedienende Weboberfläche ermöglichen, sicher mit dem WeForming-Ökosystem zu interagieren – und so die Energiewende in Europa gemeinsam mit vielen engagierten Akteuren nachhaltig voranzutreiben.

Der Smart East Beitrag: Ein Real-Time Controller 

Smart East ist der deutsche Demonstrator in WeForming. Hier wurde ein Echtzeit-Controller entwickelt, um Flexibilitäten netzdienlich steuerbar zu machen. Dieser Controller

  • wurde in erster Linie für Batterien (BESS) entwickelt, eignet sich aber aber auch für Multi-Energie-Anlagen von intelligenten Gebäuden (iGFB)
  • hat die Technik der Frequenzhaltungsreserve (FCR) implementiert
  • steuert den Betrieb der Batterie so, dass Netzflexibilitätsdienste bereitgestellt werden, wenn die Netzfrequenz bestimmte Schwellenwerte überschreitet.
  • wurde experimentell getestet und validiert in den FZI-Labors unter Verwendung von zwei verschiedenen Batteriespeichersystemen.

 

Architektur des Real-Time Controllers

Test des Real-Time Controllers im FZI-Labor